Rückblende: Blanca – aus irgendeinem osteuropäischen Land mit Armutsproblem – wird von ihrer Familie nach Deutschland geschickt. Hier durchlebt sie all die typischen Stationen eines heutigen Flüchtlingsschicksals: der lange Weg in ein fremdes Land, gebrochene Versprechen, Sprachschwierigkeiten, erpresserische Vermieter, Schwerstarbeit, unmoralische Angebote, Ärger mit den Behörden – und die Konfrontation mit einem allgegenwärtigen Rassismus. Blanca schlägt sich durch, nimmt alle Jobs an, die sie kriegen kann, und schwebt in ständiger Gefahr aufzufliegen. Schließlich lernt sie Annika kennen, eine schwangere Hartz-IV-Empfängerin, perspektivlos, bildungsfern, ohne die Kraft, selbstverantwortlich zu agieren. Annika hat noch nie gearbeitet, sieht aber auf die schwer schuftende Blanca aus Osteuropa herab. Sie nimmt sie bei sich auf …
Zur Entstehung des Stücks
„Wir hatten 2015 vor der großen „Flüchtlingswelle“ mit dem Schreiben über „Arbeitsmigration“ angefangen“, so Lutz Hübner. „Irgendwann fing man an, Kriegsflüchtlinge aus Syrien gegen Wirtschaftsflüchtlinge aus Osteuropa auszuspielen. Die Biographien und Beweggründe der letzteren, in der öffentlichen Wahrnehmung unbeliebtesten Gruppe, interessierten uns, wir wollten ihre Beweggründe, hierher zu kommen, verstehen.“ In immer neuen Spielanordnungen, zeigt das Ensemble Situationen und Positionen rund um das „Phantom Blanca“, einer jungen Frau, die hier, mitten unter uns, lebt. Was als Stück über eine osteuropäische Arbeitsmigrantin beginnt, endet in einer radikalen Entlarvung unserer eigenen Werte, Zuordnungen, Vorurteile. Dabei gelingt es Hübner| Nemitz wie immer virtuos, mit den Mitteln des Humors durch tiefste Abgründe zu führen. Bei ihren Recherchen haben sich die beiden Welten angenähert, die weit von der ihren entfernt sind, Welten von Armut und bitterster Armut, von Schattenwirtschaft und Parallelgesellschaften. „Dieses Stück ist daher zwangsläufig spekulativ“, so Sarah Nemitz. Ihnen geht es nicht um Betroffenheit, vielmehr um eine Annäherung, im besten Fall um ein Verstehen.